Letzter Tag? Echt? Das isses jetzt? Was sich beim Einschlafen schon ein bisschen schräg angefühlt hat, hängt auch nach dem Zähneputzen noch als leicht schaler Geschmack im Mund. Ans Ende gehört ein Resümee, das Ende des Bogens. Doch uns hat die Rallye ein Mal um die Ostsee ohne Navigationsgeräte und Autobahnen in einem 23 Jahre alten und inklusive fetter Alufelgen 2.400 Euro teuren Audi V8 in den letzten zwei Wochen den Kopf so voller Eindrücke geballert, dass das Hirn zu einer Verdauungsleistung überhaupt nicht in der Lage ist.
Wir starten den Tag daher vielleicht ein bisschen stiller als sonst. Aber der Rest ist ein letztes Mal wie immer. Frühstück, Nachtlager räumen, Zündschlüssel drehen, ab geht der V8.
Auf der letzten Etappe haben wir noch ein Stückchen der Aufgabe vom Vortag übrig: Einen Ort zum Ausdrucken der Beweisfotos vom Erfüllen der vorherigen Aufgaben finden. Die müssen wir dann ins Roadbook kleben. Das Roadbook im Ziel zur Auswertung abgeben. Punkte kriegen. Gesamtsieg einsacken.
Weil der Media Markt in Polen auch am Sonntag geöffnet hat, ist das kein Ding. Wir fahren in Stettin kurz rechts ran, stecken den USB-Stick mit den Bildern da in den Automaten. Und können unsere Bilder in zwei Tagen abholen.
Nicht nur verlieren wir damit den sicher geglaubten Podestplatz, auch wird die Welt nie sehen, wie Arne russische Nachrichten verbrennt und Sören eine wunderschöne Frau küsst.
Wo’s grad so gut läuft, fahren wir weiter durch die Stadt und die viel kürzere Strecke über die Dörfer auf der Landstraße nach Deutschland, statt die am letzten Tag frei gegebene Autobahn schon ab Stettin zu nehmen. Das Weniger an Kilometern will sich aber nicht so recht in ein Weniger an Zeit übersetzen. Das hebt die Stimmung im Wagen kurz so sehr, dass wir kurz vorm Ziel fast noch den vor Fahrtantritt geschenkten Duftbaum aufreißen müssen, um für frische Luft zu sorgen.
Zum Glück kommt die Autobahn zum V8 bevor die 4 Fäuste fliegen. Der Wagen ist ein Mal auf der Rallye so richtig in seinem Element und bläst mit seinen 250 PS und in zwei Wochen gut eingeübtem Röhren jedes Grummeln aus dem Kopf auf die Straße. Der Quattro zieht souverän durch den Regen und trägt uns an etlichen anderen mit viel zu wenig PS und Zylindern bestückten Teams vorbei der Ziellinie entgegen.
Weil die Stadt für nix anderes berühmt ist, reißt kurz vor Hamburg der Himmel auf und treibt zusammen mit der nahenden Ankunft den Endorphinpegel nach oben. Und ja, wir haben dieses Stück Straße schon tausend Mal berührt. Und tausend Mal ist nichts passiert. Aber als wir dieses Mal vom Horner Kreisel in die Stadt und an den Landungsbrücken vorbei ins Ziel fahren. Da hat es Zoom gemacht.
Teamstatus: Masters of Adventure.
Arne trifft endlich wieder auf vier weitere kleine Fäuste. Sören schreibt ein paar Sätze, für deren Schmalz er sich schon beim Tippen schämt.
Strecke: Kolobrzeg -> Hamburg
Wetter: Kurz vor Hamburg reißt der Himmel auf.
Wagen: Würde glatt noch ne Woche um die Ostsee laufen.