Hauptsache Erster. Wie diese Petersburger Russen jahrzehntelang in diesem ich bin so wie du und ihr seid so wie wir System gelebt haben, brav auf den Mann mit dem Feuermal wartend? Ein Rätsel. Heute will hier keiner gleich sein. Zumindest nicht gleich schnell. Sondern schneller, weiter, Erster, vorne.
Jedes Stück Straße zwischen zwei Ampeln ist ein Beschleunigungsstreifen. Jede Grünphase ein Rennen. Kommt man bis zum nächsten Rot auf 80, wird das gemacht. 100? Locker. 120? Geht. Und alle machen mit. Egal ob die Leute in der neuesten, heißesten, härtesten, getuntesten Millionärskarre mit blondierten Haaren, dem selbst aus einem Honda Accord zusammengenagelten Ferrari-Nachbau mit Abflussrohrauspuff oder im alten Lada die letzten Unterhosen von Lenin auftragend fahren. Die Geschwindigkeitsbegrenzung gilt nur für Kommunisten. Und davon ist keiner mehr über.
Wir – nachdem wir gestern Abend beim Einfahren in die Stadt ein ganz klein bisschen mitgespielt haben – machen heute aber nicht mit. Die 4 Fäuste haben Ruhe, der V8 macht Pause; wir nehmen Petersburg unter die Füße. Und stellen zwischen Frühstück beim Bäcker auf dem Hinterhofmarkt und so Mann ist das alles groß vor dem Winterpalast denkend fest, dass sich das gelohnt hat, dieser Tag Rallye-Auszeit. St. Petersburg kann man mal machen.
Und weil die Stadt n bisschen größer ist und wir gestern inmitten von 3 Millionen Autos immerhin 2 gesehen haben, mieten wir uns für den Nachmittag Fahrräder, um mehr davon zu machen. Wegen des erhöhten Platzbedarfs für die Ampelrennstrecken hat der Petersburger die Fahrradwege weggelassen; meckert aber auch nicht, wenn wir an der Ampel die erste Startreihe beanspruchen.
Wer mal in St. Petersburg war, wird wissen, dass jeder Meter durch die Stadt und am Fluß entlang immer noch ein Meter zu wenig ist. Und wer noch nicht da war: Hinfahren. Dieses Russland oberhalb von hier: Geschmackssache. Dieses St. Petersburg Russland: Machsache.
Mit so viel Spaß am Rad verdaddeln wir fast einen abendlichen Treffpunkt mit den anderen Rallye-Teams in einer Bar. Eh zu spät gehen wir früher wieder, um uns das mit den Weißen Nächten am Fluß nochmal anzugucken. Angeblich steht da ja ganz St. Petersburg am Fluss, wenn im Sommer bei Sonnenrestlicht des Nachts die Brücken der Stadt aufgeklappt werden, um die Frachtschiffe aus der Ostsee in den Ladogasee passieren zu lassen. Halb St. Petersburg ist tatsächlich da – oder 2 von denen plus alle Nicht St. Petersburger, die gerade so da sind. Alles steht am Ufer der Newa oder fährt auf ihr herum. Und um halb zwei klappen diese Brücken, über die gerade noch Straßenbahnen unter ihren Elektrooberleitungen entlang gefahren sind, tatsächlich hoch.
Aber in der Schiffsgrößenwertung, da gewinnt Hamburg gegen St. Petersburg dann doch.
Teamstatus: Auf V8-Entzug.
Sören nimmt an der internationalen heute poste ich ganz Facebook zu Meisterschaft teil. Arne guckt Game of Thrones.
Strecke: St. Petersburg -> St. Petersburg
Wetter: Graue Nächte.
Wagen: Parkt.